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Neuartiges Video-Endoskop mit distaler
LED-Beleuchtung
Dr.-Ing. Daniel Brüggemann
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Zur
Beleuchtung des Operationssitus werden in der minimal-invasiven Medizin
aktuell externe Kaltlichtquellen verwendet. Das durch Halogen- und
Xenonlampen sowie seit kurzem auch mit Leuchtdioden erzeugte Licht
gelangt über ein Lichtleitkabel zum Endoskop und dort über weitere
Glasfaserkabel zu dessen Spitze. Dabei leitet sich die Bezeichnung
„Kaltlichtquelle“ aus der Verwendung von Infrarotfiltern in der
Lichtquelle ab, die den langwelligen Bereich des Lichts abblocken und
eine übermäßige Erwärmung des Gewebes verhindern. Da sich die
Abstrahlcharakteristik der Lichtquelle nicht optimal an den
Akzeptanzbereich des Lichtleiters anpassen lässt, wird nur ein Teil der
Lichtmenge übertragen. Daher erreichen externe Kaltlichtquellen nur
einen sehr schlechten Wirkungsgrad. An den Koppelstellen entlang des
Lichtleitsystems entstehen weitere Verluste, so dass an der Spitze des
Endoskops üblicherweise weniger als 30 Prozent des erzeugten Lichts
ankommt. Das seitlich angebrachte Lichtleitkabel erschwert die
Handhabung des Endoskops und behindert den Arzt infolge der fehlenden
Balance bei minimal-invasiven Eingriffen. Schließlich stören auch die
Geräusche der Lüfter, die für die Abfuhr der thermischen
Verlustleistung von der externen Lichtquelle notwendig sind.
System
aus Kaltlichtquelle, Lichtleitkabel und Endoskop
Aufgrund aktueller Entwicklungen im Bereich
weißer High-Power-Leuchtdioden haben diese in der letzten Zeit einen
Wirkungsgrad erreicht, der eine Integration in das Endoskop möglich
macht. Begünstig wird dies auch durch deren kleine Abmaße.
High-Power-Leuchtdiode
Osram Oslon SSL
Bei der Integration von LEDs in ein Endoskop
gilt es zunächst, die optimale Position für deren Einbau zu ermitteln.
Als Kriterien werden die Ausleuchtung des Operationssitus und die
resultierende Erwärmung am Einbauort herangezogen, da High-Power-LEDs
so viel thermische Verlustleistung erzeugen, dass ohne ein
Wärmemanagementsystem die zulässigen Temperaturen eines Medizingeräts
überschritten werden. Für die Montage sind prinzipiell zwei Positionen
denkbar: die Dioden lassen sich entweder im Griff oder an der Spitze
sinnvoll platzieren.
Werden die LEDs im Griff platziert, muss das
Licht über Glasfaserkabel zur Spitze des Endoskops transportiert
werden, wobei wiederum mit großen Lichtverlusten zu rechnen ist. Der
Vorteil dieser Position ist die direkt vorliegende Griffoberfläche, so
dass sich die Abfuhr der thermischen Verlustleistung relativ einfach
gestalten ließe.
Bei einer Montage am distalen Ende des
Endoskops liegt der komplette Lichtstrom der Leuchtdioden am
Operationssitus vor. Allerdings reicht die Oberfläche des dünnen
Endoskopschafts nicht aus, um die Verlustwärme der LEDs in
ausreichendem Maße abzuführen. Somit erfordert dieses Konzept ein
Wärmetransportsystem in Richtung des Endoskopgriffs.
Bei der Positionierung der Dioden im Griff gilt
es, einen möglichst großen Teil der erzeugten Lichtmenge in einen
Lichtleiter für den Transport zur Endoskopspitze einzukoppeln. Dafür
ist die Abstrahlcharakteristik der Leuchtdiode, bestehend aus der
Querschnittsfläche des Lichtaustritts am Halbleiterelement und der
Gesamtheit aller Winkel, mit denen die Lichtstrahlen aus der
Lichtquelle austreten, auf den Akzeptanzbereich des Lichtwellenleiters
anzupassen. Der Akzeptanzbereich setzt sich dabei aus dem Querschnitt
sowie der numerischen Apertur des Wellenleiterbündels zusammen. Um eine
hohe Einkoppeleffizienz zu erreichen, wurden sowohl die direkte
Kopplung zwischen Leuchtdiode und Lichtleiter als auch die Möglichkeit
der Strahlformung durch Linsen oder spiegelnde Elemente untersucht. Die
Analyse der verschiedenen Strategien erfolgte anhand von
Phasenraumbetrachtungen der Emittanz von LEDs sowie der Akzeptanz von
Lichtleitern mit Matrizen- und Raytracing-Methoden. Die Ergebnisse
liegen graphisch in Form von zweidimensionalen Diagrammen vor, in denen
die Leuchtdiode als abstrahlendes System dem Lichtleiters als
Empfangssystem gegenüber gestellt wird. Dabei zeigt sich, dass ein
erheblicher Teil der LED-Emittanz außerhalb der Akzeptanz des
Lichtwellenleiters liegt (vgl. Abbildung).
Phasenraumvergleich
zwischen Leuchtdiode
und Lichtleiterbündel bei direkter Kopplung
Die analytischen Berechnungen wurden anhand von
Raytracing-Rechnungen mit dem Programm ZEMAX verifiziert, wobei die
Ergebnisse der Phasenraumbetrachtung bestätigt wurden, dass mit Linsen
keine Erhöhung des Wirkungsgrads gegenüber der direkten Kopplung
zwischen Leuchtdioden und Lichtleiter zu erreichen ist. In beiden
Fällen, sowohl mit als auch ohne Linsen, muss davon ausgegangen werden,
dass nur etwa 30 Prozent des erzeugten Lichts in das Wellenleiterbündel
eingekoppelt werden kann. Eine deutliche Steigerung lässt sich hingegen
mit spiegelnden Flächen erreichen. Eine an die Geometrien der
Leuchtdiode und des Lichtleiters angepasste Reflexionshülse in Form
eines Kegelstumpfs macht es möglich, bis zu zwei Drittel der Emittanz
der Leuchtdiode durch ein Lichtleiterbündel zu transportieren. Infolge
der speziellen Geometrie der Hülse werden die ausgesendeten
Lichtstrahlen nicht nur in das Kernmaterial des Lichtleiters
reflektiert. Auch die Winkel werden derart transformiert, dass sie
innerhalb der numerischen Apertur der Glasfasern liegen. Im
Phasenraumdiagramm wird dieser Sachverhalt durch das Hineinklappen der
äußeren Bereiche der LED-Emittanz in die Akzeptanz des Lichtleiters
deutlich.
Phasenraumflächen
mit und ohne Reflexionshülse
verglichen mit der Akzeptanz des Lichtleiterbündels
Mit der Reflexionhülse lässt sich die Effizienz
gegenüber der direkten Kopplung zwischen LED und Lichtleiter somit
verdoppeln. Diese Leistungssteigerung erlaubt die Entwicklung
wirksamerer Beleuchtungseinheiten, da bei bestehenden Kaltlichtquellen,
welche mit Leuchtdioden betrieben werden, der größte Teil des erzeugten
Lichts bei dem Einkoppelvorgang in das Glasfaserbündel verloren geht.
Basierend auf dieser Erkenntnis wurde eine hocheffiziente
Endoskop-Lichtquelle mit LEDs aufgebaut und die Methode der
Lichteinkopplung in ein Glasfaserbündel mittels Reflexionshülse als
United States Patent (US 020130292721 A1) angemeldet.
Effiziente
und kompakte Endoskop-Lichtquelle mit Leuchtdioden
Experimentelle Untersuchungen zeigten, dass bei
nicht ideal reflektierender Oberfläche der Reflexionshülse mit
zusätzlichen Verlusten zu rechnen ist, da die Güte der Spiegelfläche
den Anteil der ungerichteten bzw. diffusen Lichtreflexionen bestimmt,
die daher nicht in die Wellenleiter eingekoppelt werden. Messtechnisch
ließ sich ein Wirkungsgrad von 40 Prozent nachweisen, was immerhin eine
Steigerung von einem Drittel gegenüber bestehenden Systemen mit
direkter Kopplung entspricht. Jedoch wird bei der Integration der
Leuchtdioden im Griff mehr als die Hälfte des erzeugten Lichts in Wärme
umgewandelt, so dass die Lichtquellen hier mit deutlich höherer
Bestromung und auch Verlustwärme als an der Spitze betrieben werden
müssen, um eine ausreichende Ausleuchtung des Operationssitus zu
erreichen.
Folglich wurde das Konzept distaler LEDs weiter
verfolgt, bei welchen die Notwendigkeit eines Wärmetransportsystems
besteht. Dieses lässt sich sehr wirksam mit Heatpipes realisieren. Mit
einer geeigneten Verschaltung verschiedener Typen dieser geschlossenen,
passiven Wärmetransportsysteme, deren Funktionsweise aus einer
Kombination der Phasenumwandlung eines Arbeitsfluids und dessen
Stofftransport beruht, ließ sich die thermische Verlustleistung der
Leuchtdioden entlang des Schafts zum Endoskopgriff transportieren.
Verschiedene
Heatpipes für die Anwendung in einem Endoskop
Die Normenreihe DIN EN 60601, welche die
Sicherheit sowie die wesentlichen Leistungsmerkmale medizinischer
elektrischer Geräte beschreibt, limitiert die zulässigen Temperaturen
von Endoskopen auf 41 °C, wobei hier besondere Festlegungen gelten.
Demnach sind die Temperaturen für dieses Medizingerät mit Ausnahme des
Lichtaustrittsteils begrenzt, welches im vorliegenden Fall den Bereich
von der Spitze bis zu 25 mm in Richtung des Endoskopgriffs umfasst. Für
das Lichtaustrittsteil sind auch höhere Werte der Temperatur zulässig.
Temperaturmessungen entlang eines
Endoskop-Prototyps belegten, dass bei dem Betrieb von Leuchtdioden an
der Endoskopspitze durch die Verwendung von Heatpipes keine unzulässig
hohen Temperaturen am Endoskop entstehen.
Temperaturmessungen
an einem Endoskop-Prototyp mit distalen LEDs
Zusätzlich zur thermischen Sicherheit gelten
für Endoskope mit integrierten, elektronischen Bauteilen auch
Vorschriften hinsichtlich der elektrischen Sicherheit. Dabei sind der
Patient und der Bediener durch entsprechende Isolationsschichten sowohl
vor unzulässig hohen Strömen als auch vor einem „elektrischen Schlag“
zu schützen. Infolge des distalen Einbaus der Leuchtdioden und dem
somit notwendigen Wärmetransportsystem ergeben sich besondere
Anforderungen, da eine elektrische Schutzschicht vorzusehen ist, welche
eine möglichst geringe thermische Barriere bildet.
Neben dem Einbauort gilt dem
Isolationswerkstoff ein besonderes Augenmerk. Hier lassen sich zwei
unterschiedliche Strategien verfolgen: einerseits kann man Materialien
verwenden, die eine vergleichsweise hohe thermische Leitfähigkeit
besitzen. Bei diesen ist in der Regel die elektrische
Durchschlagsfestigkeit geringer ausgeprägt, so dass eine größere Dicke
der Isolationsschicht notwendig ist. Der thermische Widerstand ist dann
trotzdem verhältnismäßig klein. Als Beispiel für diese Materialgruppe
sind Keramiken zu nennen. Auf der anderen Seite lassen sich Werkstoffe
mit einer sehr hohen elektrischen Festigkeit einsetzen, beispielsweise
temperaturfeste Kunststoffe. Dabei benötigt man eine wesentlich
geringere Dicke der Isolationsschicht, so dass die schlechte thermische
Leitfähigkeit nicht ins Gewicht fällt.
Für den Einsatzzweck stellte sich Polyimid als
idealer Werkstoff heraus. Dieser Kunststoff widersteht den Temperaturen
bei der Dampfsterilisation und weist eine sehr hohe
Isolationsfestigkeit auf. Somit reicht eine Isolationsschicht von
weniger als 50 µm, um eine gute elektrische Festigkeit zu erreichen.
Schließlich eignet sich dieser Werkstoff auch aufgrund seiner
mechanischen Parameter ausgezeichnet für den Einsatz in einem Endoskop.
Basierend auf dieser erstmalig ganzheitlichen
Betrachtung des Einbaus von Leuchtdioden in einem
Chip-on-the-Tip-Endoskop wurde ein Endoskop aufgebaut, das als erstes
LED-Endoskop sowohl die elektrische als auch die thermische Sicherheit
eines Medizingeräts gewährleistet. Eine messtechnische Untersuchung der
lichttechnischen Eigenschaften zeigte, dass mit einer distalen
Lichtquelle, bestehend aus Leuchtdioden, eine gute Ausleuchtung des
Endoskopbilds erreicht werden kann.
Prototyp
eines Chip-on-the-Tip-Endoskops mit LED-Beleuchtung
Ein Großteil der verkauften Systeme besitzt
statt einer Geradeausblick- eine Seitenblick-Optik. Bei diesen Systemen
betrachtet der Bediener den Operationssitus unter Blickwinkeln von 30°,
45° oder 90° zur Schaftachse. Im Gegensatz zu Geradeausblick-Systemen
wird der Bildausschnitt hier zusätzlich durch eine Rotation des
Endoskops um seine Längsachse variiert. Dabei muss ständig der
Bildhorizont aufgerichtet werden, um dem Bediener jederzeit eine
optimale Orientierung zu gewährleisten. Infolge der integrierten
Lichtquelle gestaltet sich diese Horizontaufstellung insbesondere bei
Chip-on-the-Tip-Endoskopen mit LED-Beleuchtung kompliziert.
Hierzu wurden verschiedene Lösungsansätze
konzipiert, welche sowohl die software-basierte als auch die
mechanische Aufstellung des Horizonts vorsehen. Der konstruktive
Aufwand eines software-basierten Verfahrens ist geringer. Allerdings
muss hierbei mit einer deutlichen Verringerung der Auflösung und einer
schlechteren Bildqualität gerechnet werden. Demgegenüber gestaltet sich
die Konstruktion einer mechanischen Lösung als recht aufwendig. Dafür
lässt sich jedoch dauerhaft der komplette Bildsensor ausnutzen, so dass
mit keiner Reduktion der Bildqualität zu rechnen ist.
Prototyp
eines Chip-on-the-Tip-Endoskops mit LED-Beleuchtung
Das Chip-on-the-Tip-Endoskop mit integrierter
LED-Beleuchtung präsentiert sich erheblich ergonomischer und
anwendungsfreundlicher als bisherige Systeme. Dabei erweist sich
insbesondere der Wegfall des unhandlichen und schweren Lichtleitkabels
als bedeutender Vorteil dieses Medizingeräts. Das Konzept der
integrierten Leuchtdioden in Kombination mit Heatpipes für den
Wärmetransport wurde daher als europäisches (EP 2394567 A1) und
US-Patent (US 020110306834 A1) angemeldet.
Der
nächste Schritt bei der Entwicklung dieses
Systems ist der komplette Verzicht auf jegliche zuführende Kabel. Die
Realisierung gestaltet sich folgendermaßen: Das
Videosignal des Bildsensors lässt sich drahtlos an einen Monitor
übertragen. Hocheffiziente LED-Lichtquellen in
Kombination mit austauschbaren Lithium-Ionen-Akkumulatoren erlauben
ebenfalls einen kabellosen Betrieb. Derartige Endoskope sind überall
einsetzbar und erfordern keine hochtechnisierten Operationssäle. Sie
eignen sich daher insbesondere für den Einsatz in der Notfallmedizin.
Die ausführliche Beschreibung der Entwicklung
eines Videoendoskops mit LED-Beleuchtung ist in meiner Dissertation
nachzulesen:
Entwicklung und
Aufbau eines medizinischen Videoendoskops
mit integrierten LED-Lichtquellen
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