Manövriereinrichtung für das AUV PreToS

Dr.-Ing. Eugen Olenew

Ungefähr 62 Prozent der Erdoberfläche sind von Wasser mit mindestens 1.000 Meter Tiefe bedeckt und gehören damit zur Tiefsee. Dieser größte Lebensraum unseres Planeten ist immer noch weitgehend unerforscht. Die zunehmende Energieverknappung zwingt jedoch die Menschen, diese wasserbedeckten Areale zu explorieren, da dort riesige Mengen unterschiedlichster Rohstoffe mit hohem Energiegehalt lagern. Die harschen Bedingungen in der Tiefsee stellen jedoch große Herausforderungen an Forschungsgeräte, die zur Erkundung der Tiefsee genutzt werden.

Unbemannte autonome Unterwasserfahrzeuge (AUV) dringen in Gebiete vor, die für Taucher unerreichbar sind, um dort Inspektions- und Überwachungsaufgaben zu übernehmen. Eine Besonderheit ist die kabelunabhängige und autonome Navigations- und Manövrierweise, die es erlaubt, große Areale während einer Tauchmission zu untersuchen. Um diese weiten Strecken bei begrenzter Energieversorgung bewältigen zu können, haben autonome Unterwasserfahrzeuge meist eine strömungsgünstige Form.
 


Das pinguinähnliche AUV PreToS auf dem Forschungsschiff Elisabeth Mann Borgese
 

Für das während des Forschungsprojekts „Druckneutrale Systeme für die Tiefsee“ entwickelte  AUV PreToS wurde aus diesem Grund eine von Pinguinen abgeleitete bionische Rumpfform gewählt, die unter rotationssymmetrischen Strömungsformen die geringsten Widerstandswerte aufweist. Ein Nachteil dieser Rumpfform ist die Neigung zu Kursinstabilitäten, die ohne geeignete Leitwerke bereits bei minimalen Kursstörungen ein Ausbrechen des Fahrzeugs verursacht. Daher wurde eine Hochleistungsruderanlage entwickelt, die aufgrund ihrer sehr kompakten Abmessungen und einem geringen Gewicht dem Unterwasserfahrzeug sowohl bei Tauchmissionen als auch bei Oberflächenfahrten eine hervorragende Manövrierfähigkeit verleiht.


Kompakte Hochleistungsruderanlage des AUVs
   

Diese Eigenschaften ließen sich durch eine sorgfältige hydrodynamische Auslegung und die Verwendung einer speziellen als „Fishtail“ bezeichneten Form des Ruderprofils erzielen. Seeerprobungen zeigten, dass sich mit diesem Manövriersystem sowohl Horizontalkurse sicher fahren als auch konstante Tauchtiefen halten lassen.


Numerisch berechnetes Wendemanöver mithilfe zweier Querstrahlsteuersysteme
   

Beim Kurshalten wird die Ruderanlage durch eine neu entwickelte Propellerdüse unterstützt, die einen großen Durchmesser aufweist, so dass die Ruderflächen nicht über die Düsenkontur herausragen, was mit der Propellerummantelung die Robustheit des Gesamtfahrzeugs unterstützt.


Das AUV PreToS mit den integrierten Manövriereinrichtungen
   

Bei komplexen Missionen autonomer Unterwasserfahrzeuge wird häufig die ortsfeste Positionierung des Fahrzeugs gefordert. Dies gelingt bei Hauptpropellerstillstand nur, wenn als Querstrahlsteuer bezeichnete Manövriereinrichtungen vorhanden sind. Folglich wurden für die PreToS neuartige Querstrahlsteuer entwickelt, welche sich im Heck und im Bug des Fahrzeugs befinden und aufgrund ihrer schwenkbaren Wirkrichtung die vollständige Quermanövrierfähigkeit sowohl in der Vertikal- als auch in der Horizontalebene erlauben.



Funktionsprinzip und schematischer Aufbau des neuartigen Querstrahlsteuersystems

Dieses Querstrahlsystem zeichnet sich im Vergleich zu üblichen Querstrahleinrichtungen durch seinen geringen Bauraum sowie seine hohe Leistungsfähigkeit und Energieeffizienz aus. Eine weitere Besonderheit bildet die verhältnismäßig kleine Durchbruchfläche der Fahrzeugrumpfhaut, die auf viele kleine Einzelöffnungen verteilt ist, so dass nur ein geringer hydrodynamischer Fahrwiderstand entsteht. Letzteres ist vorteilhaft für den geringen Strömungswiderstand des Fahrzeugs bei einer Langstreckenfahrt.


    
   

Mit den vorgestellten Manövriereinrichtungen wurde ein einzigartiges Unterwasserfahrzeug aufgebaut, welches nicht nur eine für Langstreckeneinsätze optimale Strömungsform aufweist, sondern auch die vollständige Quermanövrierfähigkeit bei Stillstand des Hauptantriebs erlaubt. Alle entwickelten Komponenten erfüllen dabei die Anforderungen eines druckneutralen, auftriebsoptimierten Aufbaus für eine Auslegungstauchtiefe bis zu 6.000 Meter.



Projektpartner im Forschungsverbund "Druckneutrale Systeme für die Tiefsee"

ENITECH Energietechnik Elektronik GmbH, Bentwisch / Rostock

EvoLogics GmbH, Berlin

Fachgebiet Mikrotechnik der Technischen Universität Berlin

Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde


Alle oben genannten Ergebnisse sind in meiner Dissertation ausführlich beschrieben:

Entwicklung von Manövrier- und Steuereinrichtungen
für ein druckneutrales Unterwasserfahrzeug

 

PreToS bei einer Oberflächenfahrt
   

Herrn Prof. Dr. Heinz Lehr danke ich für die Möglichkeit, in diesem herausragenden Forschungsprojekt mitzuarbeiten und für seine wissenschaftliche Betreuung. Bei meinen Teamkollegen Romon Chakrabarti, Johannes Gelze, David Mischnick, Oliver Preradović, Tino Schmidt und allen Mitarbeitern des FMT sowie den externen Projektpartnern möchte ich mich für die tatkräftige Unterstützung herzlich bedanken.


Dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie / Projektträger Jülich gilt der Dank für die finanzielle Förderung dieses Projekts.

Förderkatalog: foerderportal.bund.de                                           Förderkennzeichen: 03SX276A