Mikromotor
Ein Zwerg kommt groß raus

Dr.-Ing. Stephan Schrader



Prototyp eines Linearmotors für Mikrokameras,
hier in einer PMMA-Halterung, Durchmesser 3 mm


Eine digitale Videokamera, im Außendurchmesser wenig größer als ein Streichholz, mit Linsen, die nicht größer sind als ein Ameisenkopf ? Stand der Technik möchten Experten meinen, solange die Linsen fest eingeklebt sind. Tatsächlich ist in diese Kamera noch ein Linearmotor integriert, der die Linsen präzise bewegt, um eine automatische Fokussierung und optische Zoomfunktion zu erreichen. Ein neuartiger Mikromotor, der am Fachgebiet Mikrotechnik der Technischen Universität Berlin entwickelt wurde, ließ diese Vision Wirklichkeit werden.

Der Linearmotor besteht aus einem winzigen Permanentmagneten als Läufer mit Innenbohrung, der in einem Rohr gleitet und dort Linsen bewegt. Auf das Rohr gewickelte Spulen erzeugen ein magnetisches Wanderfeld, mit dem sich der Läufer schnell und präzise positionieren lässt. Rückstellkräfte fixieren dabei die Stellung des Läufers. Bei der Bewegung treten Beschleunigungen auf, die der zwanzigfachen Erdbeschleunigung entsprechen, also der drei- bis fünffachen Beschleunigung eines Formel-1 Rennwagens oder einer Rakete. Diese hohe Dynamik ist die Grundlage für eine äußerst schnelle Scharfstellung bei optischen Systemen.

Eingesetzt in technischen oder medizinischen Endoskopen, Überwachungssystemen oder Mobiltelefonen lassen sich mit diesem Mikromotor hochwertige Kleinstkameras mit einem aktiven Linsensystem herstellen, die dem Anwender durch Fokus- und Zoomfunktion völlig neue Beobachtungs- und Diagnosemöglichkeiten bieten. Derzeit drängen die ersten Produkte für die medizinische Bildgebung und technische Inspektion, die mit diesen neuartigen aktiven Mikrokameras ausgestattet sind, auf den Markt.