Pinguin-AUV „PreToS“

Dr.-Ing. Oliver Preradović

Die Gewinnung von Erdöl aus dem Meer umfasst gegenwärtig ein Drittel der weltweiten Erdölförderung. Neben fossilen Brennstoffen, wie Erdöl und Erdgas, bieten die wasserbedeckten Erdteile ein großes Vorkommen von Erzen und Mineralien. Durch die sinkende Verfügbarkeit von natürlichen Rohstoffen an Land wird das Meer als Lieferant von Brennstoffen und Erzen immer interessanter. Dabei rückt vor allem die Tiefsee auf Grund der bisher ungenutzten Ressourcen in den Fokus.

Bei der Suche nach diesen Bodenschätzen, der Kartographierung von großflächigen Gebieten, der Aufnahme von Boden- und Wasserproben, aber auch zum Aufbau und zur Inspektion von Einrichtungen im Meer wird auf technisch hoch entwickelte Unterwasserfahrzeuge zurückgegriffen, die den dort vorherrschenden extremen Bedingungen widerstehen können. Das größte Problem stellen die korrosiven Eigenschaften des Meerwassers und der enorme hydrostatische Druck dar, welcher mit zunehmender Tiefe ansteigt. In einer Vielzahl von Unterwasserfahrzeugen werden daher zum Schutz der Fahrzeugkomponenten dicke Druckhüllen eingesetzt.

Mit dem erfolgreichen Abschluss des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) geförderten Forschungsprojekts „Druckneutrale Systeme“ wurde mit dem Unterwasserfahrzeug „DNS Pegel“ eine Testplattform geschaffen, die im Gegensatz zu der üblichen Bauweise gezeigt hat, dass sich fast alle Komponenten in druckneutraler Bauweise gestalten lassen. Hierbei wird grundsätzlich der Ansatz verfolgt, bei allen Fahrzeugkomponenten gasgefüllte Hohlräume zu vermeiden. Der Wasserdruck wird über Vergussmassen auf die Bauteile übertragen.
 


PreToS bei der Erprobung in der Ostsee

In dem Nachfolgeprojekt „Druckneutrale Systeme für die Tiefsee“ wurde ein Unterwasserfahrzeug aufgebaut, welches mit dem Einsatz von druckneutraler Technik Missionen in einer Tiefe von 6.000 Meter durchführen wird. Das Fahrzeug mit dem Namen  PreToS (englisch: Pressure Tolerant Systems) wurde am Fachgebiet Mikrotechnik der Technischen Universität Berlin in Zusammenarbeit mit drei Projektpartnern entwickelt und weist einige bisher noch nicht da gewesene Merkmale auf, die sich vor allem in der Gestaltungsweise des Fahrzeugkörpers und des inneren Aufbaus wieder spiegeln.

Durch den begrenzten Energievorrat, den ein solcher Fahrzeugtyp, ein so genanntes Autonomous Underwater Vehicle (AUV), besitzt, bestimmt die Körperform durch den Strömungswiderstand den Energieverbrauch im Fahrbetrieb und damit die Dauer einer Mission. Schließlich wird dadurch die Datenmenge beschränkt, die ein Meeresforscher innerhalb eines Einsatzes sammeln kann. Daher ist es wichtig, dass ein AUV eine möglichst widerstandsarme Gestalt aufweist.--


Idealisierte Pinguinform--

Umfangreiche Recherchen zeigten, dass sich bei einer Pinguin-ähnlichen Körperform für das Fahrzeug bei einer angestrebten Fortbewegungsgeschwindigkeit von vier Knoten ein minimaler Fahrwiderstand ergibt. Der Strömungskörper des Unterwasserfahrzeugs wurde aus diesem Grund einer idealisierten Pinguinform nachempfunden. Die gesamte Fahrzeugoberfläche wird mit Hüllen aus tief gezogenem Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS) abgedeckt, welches eine glatte, wachsartige Oberfläche aufweist.


Kaiserpinguin in der Antarktis


Strömungshüllen des Unterwasserfahrzeugs aus ABS

Neben der äußeren Gestalt ist die innere Struktur ein weiteres wesentliches Kriterium für die Entwicklung eines Unterwasserfahrzeugs. Der innere Aufbau beeinflusst das Fahrzeuggewicht maßgeblich. Ein hohes Gewicht erschwert die Handhabung und macht größere Arbeitskräne oder komplexe Ausbring- und Bergevorrichtungen erforderlich, woraus ein erhöhter Arbeits- und Zeitaufwand resultiert.

Die innere Fahrzeugstruktur dient im Wesentlichen der Aufnahme der einwirkenden Kräfte und der Befestigung von Einbauten. Der gesamte Rahmen von PreToS wird aus Titan-Blechen gebildet, die in Form von Spanten, Kästen, Winkeln und kleineren Profilen eingesetzt werden und das Fahrzeug in acht Sektionen, die unterschiedliche Fahrzeugkomponenten aufnehmen, teilen. Als tragende Struktur erfüllt der Rahmen die Funktion eines Skeletts und sorgt für Stabilität. Eine KEPLA-COAT-Beschichtung schützt das Titan vor Korrosion sowie Verschleiß und reduziert die elektrisch aktive Oberfläche des gesamten Rahmens.


Rahmenstruktur des Unterwasserfahrzeugs

Die Rahmenstruktur bietet eine hohe Flexibilität und lässt sich auch im weiteren Entwicklungsprozess mit wenig Aufwand an neue Gegebenheiten anpassen. Ein nachträgliches Einbringen von Befestigungsmöglichkeiten ist ohne große Mühen und an jedem Ort durchführbar. Der Aufbau erlaubt den Einbau einer zusätzlichen Nutzlastsektion, in der verschiedene, missionsspezifische wissenschaftliche Geräte eingesetzt werden können.




Fahrzeugaufbau:
Auftriebsmaterial (rot)     Hüllensegmente (gelb)     Rahmenstruktur (schwarz)


Der Innenraum des Fahrzeugs weist eine horizontale Zweiteilung auf. Während in der oberen Fahrzeughälfte das gesamte für das Schwimmverhalten erforderliche Auftriebsmaterial untergebracht ist, sind in der unteren Fahrzeughälfte alle Instrumente und für den Betrieb des Fahrzeugs notwendigen Komponenten eingebaut. Der Auftrieb erzeugende syntaktische Schaum ist ein Epoxidharz-Gemisch mit eingebetteten mikroskopisch kleinen Glashohlkugeln. Diese Teilung des Fahrzeugvolumens bewirkt ein sehr stabiles Fahrverhalten sowohl bei Tauchfahrten als auch bei Fahrten über Wasser.



PreToS an Bord des Forschungsschiffs Elisabeth Mann Borgese

Die gesamten Entwicklungen führten zu einem äußerst leistungsfähigen und wendigen Unterwasserfahrzeug, welches in der Lage ist, verschiedene Aufgaben in der Tiefsee zu meistern. Im Zeitraum vom September 2011 bis September 2012 fanden mehrere erfolgreiche Tests in und auf der Ostsee statt. Im Herbst 2013 soll das AUV eine Reihe von Missionen in dem Tiefsee-Becken vor der Insel Madeira in Wassertiefen bis zu 6.000 Meter durchführen, welche die Höhepunkte des Projekts darstellen.



PreToS auf dem Arbeitsdeck des Forschungsschiffs Elisabeth Mann Borgese



Erprobung des Fahrzeugs mit einer Nutzlastsektion



Projektpartner

ENITECH Energietechnik Elektronik GmbH, Bentwisch / Rostock

EvoLogics GmbH, Berlin

Fachgebiet Mikrotechnik der Technischen Universität Berlin

Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde


Die Ergebnisse dieser Entwicklung sowie weitere für das Forschungsprojekt notwendige und realisierte Systeme sind in meiner Dissertation ausführlich dargelegt:

Gestaltung eines autonomen Unterwasserfahrzeugs mit elektromagnetischer Auftauchvorrichtung und multifunktionalem Transportsystem


Mein Dank gilt Herrn Prof. Dr. Heinz Lehr für die Chance, in diesem einzigartigen Forschungsprojekt mitzuarbeiten. Meinen Kollegen Johannes Gelze, David Mischnick, Eugen Olenew und Tino Schmidt danke ich für die gute Zusammenarbeit und den enormen Teamgeist. Bei Romon Chakrabarti, Max Fandrich, Ralph Hartmann und Stefan Oginski möchte ich mich für die tatkräftige Unterstützung bedanken.


Dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie / Projektträger Jülich sei für die finanzielle Förderung dieses Projekts gedankt.

Förderkatalog: foerderportal.bund.de                                           Förderkennzeichen: 03SX276A

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PreToS am Kran des Forschungsschiffs