4     Zurück zu den Wurzeln: Technische Universität Berlin
Da ich mein Universitätsstudium an der TU Berlin begonnen hatte, war es nach meiner Rufannahme ein selt­sames und gleichzeitig ein heimatliches Gefühl, hierher zurück zu kehren. Nach 25 Jah­ren Abwesen­heit musste ich feststellen, dass in der Zwischenzeit viele Dinge geän­­­dert wurden. Die TU war kräf­tig gewachsen, so dass viele Fachgebiete aus Platz­­­man­gel auf eine Außenstelle ver­lagert waren. Dazu gehörte leider auch mein neu gegründetes Fachgebiet „Mikro­tech­­nik“, das in der Keplerstraße 4, Charlottenburg-Nord auf drei Etagen eines alten Fabrikgebäudes unter­gebracht war. Meine Renovierungswünsche wurden abschlägig beschie­den, da „man nicht wisse, wie lange die TU diesen Gebäudekomplex noch anmieten wolle“. Aufgrund der schlechten räum­li­chen Verhält­nis­se war mir jedoch klar, dass wir dort nicht ewig bleiben konnten.
Anwenderzentrum Mikrotechnik
Ich kon­zen­trierte mich daher mit viel Elan darauf, einen lange gehegten Plan in Angriff zu nehmen, in­dem ich, unterstützt von der BESSY-Verwaltung, einen Antrag schrieb, um Mittel zur Errichtung eines „Anwenderzentrums für Mikrotechnik“ an dem in Bau befindlichen Spei­cher­ring BESSY II in Berlin-Adlershof zu beantragen. Nach Gesprä­chen mit Vertretern der Senatsver­wal­­tun­gen für Wirt­schaft so­wie für Bildung zeigte sich in Berlin ein breiter Konsens zur Durchfüh­rung einer solchen Maß­nahme, da dies die Möglichkeit bot, erstmals in der Welt und direkt an einem Spei­­cher­ring eine Rein­raum­um­ge­bung zur Fertigung von Mikrostrukturen auf­zu­bauen. Die Ziele bestanden darin, Wett­bewerbsvorteile für die Berliner Wirt­schaft zu schaffen und ins­be­son­de­re in Adlershof eine In­fra­struktur für die Produktion mikrotechnischer Produkte zu errichten, um in einer Reihe schnell wach­sender Marktsegmente mit High-tech Anforderungen, beispielsweise Kommu­ni­ka­ti­ons­­tech­­nik, inte­grierte Optik, Energie und Verfahrenstechnik, Luft- und Raumfahrt so­wie Medizin­tech­nik an­hand von innovativen Entwicklungen Präsenz zu erlangen und mittelfristig eine Berliner For­schungs- und Entwicklungslandschaft mit dem Schwerpunkt Mikrotechnik auf­­­zu­bau­en.


Plan für das Anwenderzentrum Mikrotechnik in Berlin - Adlershof
© Prof. Heinz Lehr
Parallel zur Antragstellung entstand ein Vertrag zwischen der TU Berlin und BESSY über die Zu­sam­­men­arbeit zum „Aufbau und Inbetriebnahme des Anwenderzentrums Mikrotech­nik (AZM)“ an BESSY II. Dabei verpflichtete ich mich, den größten Teil meiner bei der Berufung zum Professor bereit gestellten finanziellen Mittel sowie drei meiner Mitarbeiter für den Aufbau und die Inbetrieb­nah­me des AZM zur Verfügung zu stellen. Da noch ein weiterer Spezialist zum Einsatz kommen sollte, wurde die Stelle eines wissenschaftlichen Mitarbeiters mit mikrotechnischer Erfahrung ausge­schrieben. Hierfür konnte Dr. Martin Schmidt gewonnen werden, der am Institut für Mikrotechnik Mainz als Gruppenleiter für die Litho­graphie tätig war. Nach seiner Einstellung als Oberingenieur beauftragte ich ihn mit der Leitung der Aufbauarbeiten am AZM.
Wir begannen sofort mit der detaillierten Planung des AZM, wodurch eine gute Übersicht über den Finanzierungsbedarf entstand und wir letztendlich gemeinsam mit BESSY Mittel aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE-Fond) über eine Gesamtsumme von 13,2 Millionen DM beantrag­ten. Diese Mittel wurden 1999 bewilligt, worauf wir unmittelbar mit der Umsetzung der Maßnahme begannen. Es entstand ein zusätzlicher Gebäudetrakt in direkter Nachbarschaft zum Spei­cherring, in dem sukzessive Reinraumzellen mit entsprechender Infra­struk­tur und mehreren Funkti­ons­räumen auf einer Fläche von 240 m² aufgebaut wurden. Der Aufbau der Gesamtanlage dauerte etwas länger als die veranschlagten drei Jahre, jedoch blieben wir letztlich im Zeitrahmen. Wäh­rend der Bauphase konzentrierten sich meine Mitarbeiter und ich auf die Ausar­beitung der Ge­rä­tespezifikationen für die Bereiche Messtechnik, Lithographie, Dünnschichttechnik, Mikrogal­va­nik, Mikroabformung und spanende Feinstbearbeitung, da gemäß den EU-Richtlinien für jedes die­ser Geräte eine Ausschreibung erfolgen musste. Parallel dazu überwachten wir die Aufbauar­bei­ten in den verschiedenen Bereichen und legten, wenn nötig, dort Hand an. Noch während der Installa­ti­ons­arbeiten trafen die ersten Geräte ein, die meine Mitarbeiter und ich sukzessive in Be­trieb nah­men.
In dieser Zeit musste ich ständig zwischen Adlershof, dem TU-Campus in Charlottenburg sowie dem Standort meines Fachgebiets in der Keplerstraße am Mierendorffplatz pendeln, da ja auch gleichzeitig der Lehrbe­trieb an der TU lief. Das von mir angebotene Themenspektrum war gänzlich neu, und ich konnte auf keine Vorar­beiten zurückgreifen. So entstanden hauptsächlich in der Nacht die Vorlesungen Feinwerk- und Mikro­technik I und II nebst Übun­­gen, weiterhin die Vorlesung Fertigungsverfahren der Feinwerk- und Mikrotechnik I und II so­wie die Vorlesung Werkstoffe der Mikro- und Fein­werk­­­technik. Meine Stelle war sechs Jahre unbesetzt geblieben, da der vorherige Stelleninhaber, der das Fach­ge­biet Feinwerktechnik vertrat, an die TU Cottbus gewechselt war. Das neue Fach Mikro­tech­nik wurde daher nur zögerlich angenommen, und es dauerte einige Zeit, bis sich unsere Räume in der Keplerstraße wieder mit Studierenden füllten.


Die erste Vorlesung Feinwerk- und MIkrotechnik
Parallel dazu nahm ich Kontakte mit einer Reihe potentieller Industriepartner auf, mit dem Ziel, Entwicklungsprojekte aus dem Bereich der Mikro- und Feinwerktechnik zu formulieren, um für die Diplomanden und Doktoranden an meinem Fachgebiet produktnahe Entwicklungsziele zu schaffen und Indu­strie­kon­takte herzustellen. Aus dieser Anfangszeit will ich nur ein Entwicklungsprojekt her­vorheben, das wir mit der Firma MGB Endoskopische Geräte GmbH Berlin über mehrere Jahre erfolg­reich vorantrieben, wobei wir zunächst eine finanzielle Unterstützung des Berliner Senats aus dem EFRE-Fonds erhielten und das später im Rahmen eines Verbundvorhabens durch das BMBF ge­för­dert wurde. Das Ziel war die Entwicklung eines Ultraschallkatheters, an dessen Spitze eine Ul­tra­schallsonde rotiert. Die Drehbewegung entsteht mit einem, unter meiner Leitung am IMM ent­wickelten Mikromotor, wobei die Ultraschallsonde in einem Kathe­ter­gehäuse rotiert und dabei nach dem Radarprinzip Ultraschallsignale aussendet und empfängt, die zur Darstellung der inneren Wände von Blutgefäßen auf einem Monitor dienen. MGB gehörte damals zur Medison Gruppe, einem großen südkoreanischen Medizintechnikkonzern. Nach der erfolgreichen Ent­wicklung des Katheters reiste einer meiner Assistenten zusammen mit dem Geschäftsführer der MGB nach Südkorea und führte die Funktion des Katheters im Fernsehen live an einem Schweine­herzen vor, indem er Sonographiebilder der Herzkranzgefäße produzierte. Das Prinzip des Katheter­aufbaus wurde von der MGB und meinem Fachgebiet als amerikanisches Patent angemeldet, so dass sich mehrere amerikanische Firmen dafür interessierten.
Herzkatheter mit der Ultraschallsonde an der Spitze
Durch die Aufbauarbeiten am AZM entstand in Berlin in Bezug auf die Mikrotechnik eine Auf­bruch­stimmung. Mehrere Forschungsinstitute und Ber­liner Firmen gründeten eine Dachorganisati­on, die sich ZEMI (Zentrum für Mikrotechnik Adlershof) nannte, mit der Absicht, als Servicecenter für Industriepartner zu agie­ren. Als Entwicklungsziele galten Mikro- und Feinwerktechnik, LIGA-Technik, Optoelek­tro­nik, Lasertechnologie sowie Aufbau- und Verbindungstechnik. Die ZEMI-Part­ner beantragten, un­­ter­stützt durch den Berliner Senat weitere Mittel über den EFRE-Fonds, die dann beispielsweise vom Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb der TU Berlin (IWF) sowie vom Fraunhofer Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration für den Aufbau von Zweigstellen in Adlershof eingesetzt wurden. Die in Adlers­hof ansäs­sigen Institute, beispielsweise das Ferdinand-Braun-Institut für Höchstfrequenztechnik, meine Gruppe der TU Berlin und BESSY sowie die Bundesanstalt für Materialforschung und -prü­fung nutzten die verfügbaren Mittel, um ihren Gerätepark zu erweitern. ZEMI trat deutschlandweit auf und akquirierte einige interes­sante Entwicklungsprojekte.
In der Zwischenzeit war das AZM betriebsfertig aufgebaut, und es galt nun, im Bereich der Mikro­tech­nik Projekte zu akquirieren. Dabei ergab sich jedoch die Schwierigkeit, dass bei der BESSY- Ge­­schäftsführung ein Wechsel stattgefunden hatte, wodurch der einvernehmliche und gemeinsame Betrieb der Reinräume ins Stocken geriet. BESSY ernannte einen eigenen Leiter für das AZM und begann, auf eigene Faust zu akquirieren, so dass wir, das Team der TU Berlin und das BESSY- Team nach außen als Konkurrenten auftraten. Der mit der TU Berlin bestehende Vertrag wurde seitens BESSY einseitig gekündigt. Die Formulierung eines neuen bilateralen Vertrags zog sich lange hin, da BESSY extreme Ansprüche stellte und hierbei die Unterstützung durch eine große Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erhielt. Das Ergebnis fiel trotz zähen Ringens für die TU Berlin sehr schlecht aus. BESSY be­anspruchte ab sofort das vollständige Eigentumsrecht im Anwender­zen­trum, ob­wohl die Idee für das AZM und der gesamte Projektantrag von mir kamen. Weiterhin hatten meine Mitarbeiter über mehrere Jahre umfangreiche Arbeiten  für den Aufbau und die Inbetriebnahme des AZM geleistet (AZM- Personalausgaben nur TUB / FMT: 1.412.548 DM). BESSY for­derte von meinem Fachgebiet ab diesem Zeitpunkt er­heb­liche Jahresgebühren für die Nutzung der Rein­raumein­rich­tungen. Diese Mittel musste ich aus meinen weiteren Forschungsprojekten erst mühevoll akquirieren. Im Hinblick auf die komplette Finanzierung der BESSY GmbH durch die öffentliche Hand, konnte ich dies nicht ak­zeptieren. Die ehemals geplante kollegiale Zusam­menarbeit am AZM zwischen verschiedenen Forschergruppen war damit für mich beendet.
Erster Umzug und Arbeiten mit elektromechanischen und optischen Systemen (EMOS)
Aufgrund des großen Engagements meiner Arbeitsgruppe, der anvisierten Ziele sowie der vie­len Hoffnungen, die auf dem AZM ruhten, fiel mir die Entscheidung nicht leicht, mich in der Folgezeit auf Tätigkeiten in der Keplerstraße zu konzentrieren. Die dortige Ausstattung mit Geräten war sehr dürftig, so dass wir uns von der eigentlichen Mikrotechnik verabschiedeten. Zwei Mitarbeiter meiner Gruppe schlossen sich Martin Schmidt an, der nach der Emeritierung von Prof. Hans-Jürgen Ge­vatter in der Zwischenzeit zum Professor an der TU Berlin ernannt worden war. Er und sein Team entschieden sich, unter gänzlich veränderten Bedingungen, am AZM zu verbleiben.
Nach der Trennung in zwei verschiedene Fachgebiete verzichtete ich auf die von mir seit 1997 aufgebauten und gut etablierten Vorlesungen "Fertigungsverfahren I und II" sowie die "Werkstofftechnik". Diese Lehrveranstaltungen wurden dann ab 2001 von Martin Schmidt gehalten. Nach dem Ausscheiden von Professor Gevatter hatte ich die Module "Geräteelektronik I und II" (Vorlesung und experimentelle Übungen) sowie die "Mikroprozessortechnik" (Praktikum in der vorlesungsfreien Zeit) übernommen. Er hatte mir eine gute Grundlage hinterlassen, die ich jedoch durch kontinuierliche Überarbeitung über Jahre hinweg auf den neuesten Stand der Technik brachte.
Die schmerzhafte Entscheidung, mich vom AZM zu trennen und mich dem TU-Standort meines Fachgebiets intensiver zuzuwenden, war plötzlich auch unter einem anderen Gesichtspunkt dringend nötig, da der Eigentümer des Fabrikgebäudes der TU Berlin gekündigt hatte, so dass wir vor dem Problem standen, ausziehen zu müssen, jedoch ohne zu wis­­sen, wohin die Reise geht. Ich erkundigte mich daher bei verschiedenen Kollegen, wo es leer steh­ende Räume gibt und erhielt den Hinweis auf ein Gebäude in der Jebensstraße 1, Ecke Hertz­­allee, direkt am Bahn­hof Zoo. Dort war eine komplette Etage seit längerer Zeit verwaist. Aller­dings befanden sich diese Räume, die vorher als Lager dien­ten, in einem sehr schlechten Zustand, so dass ich die Bau­ab­tei­lung der TU drängte, entsprechende Re­no­vierungsarbeiten durchzuführen. Dies wurde auch bewilligt, worauf die erste und die vierte Etage dieses Gebäudes gründlich überarbeitet wur­den. Aufgrund der knappen Kündigungs­fri­st in der Keplerstraße mussten wir je­doch noch wäh­rend den Bauarbeiten und bei laufendem Lehrbetrieb Ende des Jahres 2002 um­ziehen.


Umzug von der Keplerstraße in die Jebensstraße
Der Chef verlässt als Letzter das alte Fabrik­ge­bäude,
in dem die Mikrotechnik über fünf Jahre ihren Sitz hatte
Dieser Umzug erwies sich als erhebliche Belastung für alle Mitarbeiter und verlangsamte die Entwick­lungsarbeit für etwa ein Jahr. Nach der Einrichtung der Räume und der Installation aller Geräte konnten wir neu starten, wodurch auch der Beginn einer anderen Ausrichtung meines Fachgebiets gegeben war, indem ich die Lehre so­wie die Entwicklungsarbeiten meines Fachgebiets auf die Be­reiche Feinwerk­technik, Elek­tronik, technische Optik und Mikro­prozessorsteuerung konzentrierte. Die Produktent­wick­lung betraf zu­nächst minia­tu­ri­sierte elek­tro­magne­ti­sche Antriebe sowie medizini­sche und tech­nische Endoskope.
Aufgrund der Nähe zum Campus der TU sowie dem Angebot neu­er, zusätzlicher Kur­se, nämlich "Mess­tech­nik" sowie "Engineering Tools I und II", jeweils inklusive Übun­gen, wuchs die Anzahl der Stu­­dierenden beträchtlich. Im Rahmen gemeinsamer Forschungsarbeiten mit Industrie­part­nern ent­wickelten wir extrem lei­stungs­­fä­hi­ge, miniaturisierte elektro­ma­­gne­tische Generatoren zur Ener­gie­­speicherung, die als Grund­­­lage zum Aufbau einer Reihe von Kleinst­motoren mit bislang nicht er­reichter Drehmoment­dich­te diente. Zusammen mit MGB Endoskopische Geräte bauten wir bereits 2004 Chip-on-the-Tip-Endoskope auf, die damals als nicht machbar galten. Sukzessive wurden auch mi­ni­atu­ri­sierte Linearantriebe entwickelt, die wir als Akto­ren zum Verschieben der opti­schen Lin­sen in der Endoskopkamera nutzten, wodurch die Scharf­einstellung des Bilds und die Verände­rung des Bild­feldwinkels (Zoom) möglich wurden. Nach längerer Arbeit entstand hieraus sogar ein Autofo­kus­­­sy­stem, dessen Fokussierzeit durch Modifikationen der Suchalgorithmen ständig redu­ziert wur­­de, so dass wir eine Minikamera mit indirektem Autofokus und den weltweit kürzesten Fo­kus­sierzeiten erreichten.
Bereits in den Jahren 2003 und 2004 traten eine Reihe von Firmen an uns heran, um im Rah­men bi­la­­teraler und geförderter Projekte neue Produkte zu entwickeln. Hierbei sind vor allem zu nen­nen: Olympus Winter & Ibe GmbH, MediUm-Tech Medizingeräte GmbH (heute: MT.DERM GmbH), die viZaar AG sowie Scansonic GmbH. In der Zusammenarbeit entstanden aktorbetriebene optische Systeme für die medizinische und technische Endoskopie, ein rotationssymmetrischer opti­scher Ab­standssensor nach dem Triangulationsprinzip sowie eine Reihe neuer Permanent-Make-Up-Systeme für medizinische Zwecke. Ab 2005 fanden auch die ersten Vorbesprechungen für ein auf den ersten Blick recht abgehobenes Entwicklungsziel statt: der Aufbau und die Erprobung eines tief­see­taug­lichen druckneutralen Unterwasserfahrzeugs, das in der Folge, zunächst mit wechselnden Indu­striepartnern, immer konkretere Formen annahm.
Weiterhin ergab sich eine für uns völlig neue Forschungsrichtung durch Kontakte mit der Roche Diagnostics GmbH, wobei es galt, den Einstechvorgang in die menschliche Haut zu untersuchen und Methoden zu prüfen, um die Schmerzen beim Einstechen zu reduzieren. Dies ist insbesondere für Patienten wichtig, die an Diabetes mellitus leiden und zur Kontrolle ihres Blutzuckerspiegels mehrmals täglich Blut an der Fingerbeere entnehmen. Dabei zeigte sich, dass u. a. die Abmaße der Stechnadeln, die Einstechgeschwindigkeit und die Stechtiefe zur Schmerzentstehung beitragen. Die zunächst genannten Parameter lassen sich durch geeignete Geräteauslegung optimieren, wohingegen die zur erfolgreichen Blutentnahme erforderliche Stechtiefe von der Hautdicke des Patienten am Stechort abhängig ist. Wir entwickelten daher ein Verfahren zur Detektion von Blut in Abhängigkeit der Stechtiefe, um damit die jeweilige Stechtiefe festzulegen.
Zweiter Umzug und Innovationspreis Berlin-Brandenburg
Ich erweiterte mein Lehrangebot durch die Vorle­sungen "Mikromechatronik I und II", um den Über­gang meines Fach­gebiets von der ferti­gungs- und prozessorientierten zur produktnahen Forschung und Lehre zu do­ku­mentieren. Parallel hierzu ent­wickel­te sich die Zahl unserer Studierenden exponentiell, insbesondere durch die inzwischen etablierte Lehrveranstaltung Engineering Tools, die von allen Studierenden der Fakultät V begeistert angenommen wurde. Gleichermaßen stieg die Anzahl der Mitarbeiter am Fachgebiet beträchtlich, so dass wir trotz einer größeren Bürofläche bald in Raum­not gerieten. In dieser Phase der rasanten Aufwärts­ent­wicklung zeigten sich allerdings schon wieder bedrohliche Wolken, indem uns mitgeteilt wurde, dass der Hauseigentümer, die Oberfinanzdirektion Berlin, die Räume zur Eigennutzung benötige, so dass uns ein weiterer Umzug, erneut mit unbekanntem Ziel, angekündigt wurde. Zum Glück hatten wir jetzt etwas mehr Zeit, neue Räume zu suchen.


Das ehemalige Reichsbeschaffungsamt direkt am Bahnhof Zoologischer Garten
beheimatete vier Jahre die Ingenieure und Studierenden
des Fachgebiets Mikrotechnik (beleuchtete Fenster)
Nach der Besichtigung mehrerer Angebote entschlos­sen wir uns, in den Westflügel des neuen Physikgebäudes in der Hardenbergstraße ein­zu­ziehen (Eugene-Paul-Wigner-Gebäude). Allerdings waren auch hier beträchtliche Reno­vie­rungs- und Um­bau­ar­bei­ten erforderlich, wobei sich die Bauabteilung der TU entgegenkommend zeigte und fast alle unsere Wünsche erfüllte. Trotzdem mussten wir vieles selbst erledigen, so dass sich meine Mit­arbeiter und ich sehr häufig in den zukünftigen Räumen aufhielten, um beispielsweise Abriss­arbeiten an den Hin­ter­lassenschaften unserer Vorgänger tätigen. Die Umbauten mussten ständig überwacht werden, und ich schrieb jeden Abend Mängelberichte, damit wir zum Einzug alles recht­zeitig installiert hatten. Trotz der Erfahrungen beim ersten Umzug im Jahr 2002 und in­ten­siver Pla­nungsarbeiten im Vorfeld ver­­lo­ren wir durch den erneuten Umzug unserer Büro-, Labor- und Werk­statträume im Oktober und Dezember 2006 erneut ein dreiviertel Jahr, das uns für Ent­­wicklungs­ar­beiten fehlte.
Die Schrecken des Umzugs bei bereits laufendem Lehrbetrieb wurden allerdings durch die Ver­gabe des 1. Prei­ses an das Fachgebiet Mikrotechnik bei der Verleihung des Inno­va­ti­ons­preises Berlin-Brandenburg im „E-Werk“ in Berlin-Mitte verjagt. Der Preis wurde am 1. Dezember 2006 vom Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (Brandenburg) sowie dem Wirtschafts­se­nator Harald Wolf (Berlin) im Rahmen eines glanzvollen Festakts im Beisein von mehr als tausend gelade­nen Gästen an meinen Assistenten Dr. Stephan Schrader sowie an mich überreicht. Bei der Preis­über­gabe würdigte das Preiskomittée die bei der Entwicklung der endoskopischen Minikamera er­brachte Lei­stung, wobei erstmals eine Endoskopkamera mit Fokussier- und Autofokusfunktion aus­gestattet wurde, in der „die Linsen schneller als ein Porsche bewegt werden“.


1. Platz beim Innovationspreis Berlin-Brandenburg 2006
Da die Preis­ver­leihung ausführlich in den Medien besprochen wurde, wandten sich danach eine Reihe von Firmen an uns, um im Rahmen gemeinsamer Projekte neue Produkte zu entwickeln, wobei wir Kameras für die Technische En­dos­kopie, für den Bereich der Zahntechnik sowie auch Stereokameras für die Mikrochirurgie aufbau­ten. Erstmalig enthielten dabei alle bildgebenden Instrumente elektromagnetisch bewegte Linsen zur Scharf­einstellung des Bilds. Meist ergaben sich bei der Entwicklung auch neue Ideen zur Prob­lem­­lösung, die sofort über Patentanmeldungen abgesichert wurden. Parallel dazu entwickelte sich eine beständige und sehr gute Zusammenarbeit mit der Firma Karl Storz (Tuttlingen) sowie deren Toch­ter How-to-Organize (H2O) in Berlin.
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